Klappentext
Mit diesem Projektbuch ist es einem Team praxiserfahrener Pädagoginnen und Pädagogen gelungen, eine Fülle wertvoller Anregungen für überschaubare Arbeitseinheiten im Unterricht zu sammeln und Perspektiven für eine konzeptuelle Integration der Erlebnispädagogik in den Schulalltag zu entwickeln. Projekte aus fast allen Schularten werden anschaulich dokumentiert, denn die Ansätze der Erlebnispädagogik haben einiges für Kinder und Jugendliche bei der Bewältigung ihrer natürlichen Entwicklungsaufgaben zu bieten. Ziel dieser spannenden und praxisrelevanten Publikation ist es, sowohl erlebnispädagogisch interessierten „Insidern“, vor allem aber auch den Pädagoginnen und Pädagogen einen Einblick und Einstieg in Theorie und Praxis zu vermitteln, die bislang wenig oder gar nicht mit den motivierenden Möglichkeiten neuer „Abenteuer“ in der Schule vertraut sind.
Neue Perspektiven im Schulalltag bietet Abenteuer Schule mit elementaren Grundgedanken eines erlebnispädagogischen Konzeptes • Herausforderung • Problemlösung • Grenzerfahrung • Soziales Lernen • Selbstverantwortung • Selbstorganisation • Aufbruch als Chance • Lernen als lebenslanges Abenteuer und einer Vielzahl von interessanten Dokumentationen tatsächlich erlebter „Schulabenteuer“, in Form kleinerer und größerer Projekte unterschiedlichster Art - Abenteuer in allen Schularten – eine unverzichtbare Quelle für alle, die sich auf den Weg begeben wollen.
Rezension
Jens Walter für www.lehrerbibliothek.de
Die „Gelbe Reihe“ aus dem Ziel-Verlag ist bekannt für den Ansatz der Erlebnispädagogik. Dieses voluminöse Buch bietet gerade auch dem Schulpädagogen, also dem erlebnispädagogischen Laien, einen gelungenen und vielfältigen Einstieg in Methoden und Projekte der Erlebnispädagogik, die die Schulpädagogik anregen können und Schule zum Abenteuer werden lassen: Hunderte von erlebnispädagogischen Projekten und Abenteuerspielen im Schulalltag, auf Klassenfahrten und in Langzeitprogrammen werden detailliert geschildert. Der Leser bekommt unmittelbar Lust, mit einer Abenteuerreise, einer Kletteraktion oder Rätselaufgabe in die Klasse zu gehen, obwohl es nicht einfach ist, in der konventionellen Schulkultur erlebnispädagogische Konzepte zu realisieren. Deshalb zeigen die kompetenten Autoren auch die Grenzen und Schwierigkeiten im Schulalltag auf. Aber es prickelt und läuft vor Ideen fast über, was hier geboten wird, mit Fotos und Berichten untermauert durch eigene Erfahrung. Kurz: ein für die Schule überaus gelungener Einstieg in die Erlebnispädagogik, der auch Problematisches nicht ausklammert.
Cornelia Schödlbauer
Lernen in der Schule und Erlebnispädagogik – das schien lange Zeit wie Feuer und Wasser. Mit Rüdiger Gilsdorf und dem Verein NEPAL (Netzwerk erlebnispädagogischer Projekte und abenteuerlichen Lernens), zu dem u.a. Günter Kistner, Katharina Becker, Stephanie Loser und Kerstin Utsch gehör(t)en, haben diese so antipodisch wirkenden Lernmodelle endlich ihr „missing link“ gefunden. Gilsdorf und Kathi Volkert (ebenfalls NEPAL) haben mit einem motivierten Autorenteam ein Buch zusammengestellt, das auf fast 450 Seiten Zeugnis davon ablegt, dass aus dieser liaison difficile bereits eine aventure amoureuse geworden ist.
Merkwürdig genug: das Buch ist gelungen, weil es für jeden Anspruch etwas – und dann: das Richtige – bietet. Zunächst Lehrerinnen und Lehrer, die des grauen schulischen Alltags überdrüssig sind, und die den Drang und Mut verspüren, neue Wege zu wagen. Sie finden Erfahrungsberichte, die aus der Perspektive von Neulingen die notwendigen ersten Schritte, die immer wieder erforderliche Selbstüberwindung und die Auseinandersetzung mit den allfälligen Kritikern beschreiben. Erfahrenere Kolleg/innen wird interessieren, welche organisatorischen Feinheiten zu beachten und wo Gelder aufzutreiben sind. Dann Praktiker/innen der Erlebnispädagogik, denen sich schon beim Wort „Schule“ das Nackenfell sträubt. Sie erfahren aus erster Hand, wie in der Konkurrenzgemeinschaft Schulklasse durch gemeinsame Abenteuer ein neues Zusammengehörigkeitsgefühl wachsen kann, wie dankbar der Kontrast zum schulischen Alltag aufgenommen wird und wie fruchtbar er auf diesen zurückwirkt. Und für diejenigen, denen Berichte aus der Praxis nicht genügen, sondern die ein Bedürfnis nach theoretisch fundiertem Hintergrundwissen und nach Argumentationshilfen zur Lektüre treibt, hat Rüdiger Gilsdorf rund 60 exzellente Seiten verfasst, ohne die das Buch doch nur ein reines Sammelsurium disparater Praxen zwischen Schule und Erlebnispädagogik geblieben wäre.
Dass sich die Schule als Erziehungsinstitution für das jugendliche Bedürfnis nach Abenteuer und Aufbruch nicht für zuständig erklärt, hält Gilsdorf aus geschichtlichen und institutionellen Gründen zwar für nachvollziehbar, nicht aber für legitim. Schule kann von der Erlebnispädagogik profitieren, indem sie im kontrollierbaren Rahmen Grenzerfahrungen ermöglicht und damit „einen weiteren Schritt weg von der Anstalt und hin zu einem attraktiven Ort des Lernens“ (S. 15) unternimmt. Ob die konkrete Zielsetzung nun in der Sucht- und Gewaltprävention, der Erziehung zu Selbsttätigkeit, oder im Einüben sozialer Verhaltensformen besteht – überall kann Erlebnispädagogik zu Lernerfahrungen beitragen, die neben dem Kopf auch Herz und Hand beschäftigen. Doch bietet gerade auch die Schule mit ihrer oft über Jahre hinweg konstanten Gemeinschaftsform der Klasse ideale Voraussetzungen für nachhaltige soziale Lernprozesse, die sich immer gleich im Alltag bewähren müssen. Gegen Verkopfung, Fragmentierung, Fremdbestimmung und Fremdkontrolle des hergebrachten schulischen Lernens werden erlebnispädagogische Bausteine nicht nur als Korrektiv eingesetzt. Starke Individuen in einer funktionierenden sozialen Gemeinschaft sind für solches Lernen letztlich wie Wasser, das im Winter den Stein sprengt: sie wirken verändernd auf dieses Lernen zurück und geben ihm etwas von seiner ursprünglichen Bedeutung und Bestimmung wieder: Lernen als Risiko, Veränderung und Aufbruch ins Ungewisse. Wer sich als Lehrer/in, Schulleiter/in oder Schulrat oder -rätin mit einen konsensfähigen Extrakt erlebnispädagogischer Urintentionen, Werthaltungen und Zielsetzungen befassen will, der zudem die Realitäten und Potentiale der Schule stets im Blick hat, ist mit Gilsdorfs Beitrag bestens bedient. Und wen die Gedanken darin eher verstören, der wird mit den Worten von Max Frisch getröstet: „Die Krise ist ein produktiver Zustand, man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen.“ Denn selbsttätiges Handlungslernen lässt das Selbstverständnis von Lehrer/innen als Inhabern und Vermittlern von Wissen fragwürdig werden. „Das Leitbild wäre nicht das einer Passagierfähre, die möglichst viele Menschen möglichst schnell auf einer wohlbekannten Route zu einem wohlbekannten Zielhafen bringen soll. Passender wäre vielmehr das Bild eines Segelschiffs, das zu einer Entdeckungsreise aufbricht.“ (S. 65)
Das Buch ist in für den ZIEL-Verlag gewohnter liebevoller und aufwendiger Weise ausgestattet. Viele Zeichnungen, Bilder und tabellarische Übersichten, sowie ein großzügiges Schriftbild erleichtern die Lektüre und machen sie anschaulich. Tipp: unbedingt lesen!