Jens Walter für www.lehrerbibliothek.de
Ein Klassiker der erlebnispädagogischen Praxis: Dieses Buch ist sehr empfehlenswert für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in Schule, Jugendarbeit und Freizeit! Die 8. Aufl. spricht für sich … Die in den letzten Jahren systematisch ausgebaute Erlebnispädagogik bietet viele Chancen auch im schulischen Kontext: insbesondere soziales Lernen kann durch erlebnispädagiogische Erfahrungen gefördert werden, oder auch ökologisches Bewußtsein erfährt hier eine sehr konkrete Anregung, oder psychisch besonders beeinträchtigte Schülerinnen und Schüler werden durch erlebnispädagogische Anregungen besonders gefördert. – Dieser Band legt, nach grundsätzlichen Erwägungen zur Erlebnispädagogik, besonderes Schwergewicht auf Interaktionsspiele, die besondere Motivation mit sich bringen. Die 60 Spiele sind detailliert und klar beschrieben, Ziel, Altersangaben, notwendiges Material, Variationen und Erfahrungen mit dem Spiel werden jeweils vermittelt. – Zum Ausprobieren empfohlen!
Lorena Rautenberg für www.socialnet.de
Thema
Das Buch „Praktische Erlebnispädagogik 1. Bewährte Sammlung motivierender Interaktionsspiele“ verbindet Erlebnispädagogik und Interaktionsspiele und beleuchtet die Vorteile dieser Verknüpfung. Außerdem beinhaltet es eine Sammlung von Interaktionsspielen mit Anwendungshinweisen, die leicht ausprobiert werden können.
Autor
Annette Reiners arbeitet im Bereich Teamentwicklung, Führungsberatung, kreative Konfliktlösungen, Spieledesign und als Seminardokumentatorin in Bild und Film.
Aufbau
Das Buch stellt im ersten Teil Grundwissen zur Erlebnispädagogik und zu Interaktionsspielen vor und zeigt, wie diese beiden Werkzeuge zusammenpassen. Im zweiten Teil werden dann konkrete Interaktionsspiele mit Anleitung und Handlungsanweisungen vorgestellt.
Das Buch selbst gliedert sich daher in zwei große Teile:
1. Erlebnis- und Interaktionspädagogik
2. Interaktionsspiele: erlebt, beschrieben und bewertet
Teil I wiederum gliedert sich in 5 Unterkapitel:
1.1 Was ist Erlebnispädagogik
1.2 Was sind Interaktionsspiele
1.3 Die Verknüpfung von Interaktionspädagogik
1.4 Resümee, Kritik, Schlussgedanken
1.5 Die Qualifikation eines Erlebnispädagogen
Teil II bietet in zwei Unterkapiteln Spielideen:
2.1 Schritte beim Einsatz von Interaktionsspielen in der pädagogischen Arbeit
2.2 Übersicht der Spiele
Inhalt
Teil 1 Erlebnis- und Interaktionspädagogik
Was ist Erlebnispädagogik
Dieses Kapitel schlägt einen Bogen von den Anfängen der Erlebnispädagogik nach Kurt Hahn zur modernen Erlebnispädagogik, beschreibt ihre Aktualität und die Transfermöglichkeiten. Zunächst werden die vier Säulen Hahns (Körperliches Training gegen den Verfall der körperlichen Tauglichkeit, Expeditionen gegen schwindende Eigeninitiative und Überwindungskraft, Projekte gegen den Verfall von Geschicklichkeit und Sorgfalt, Rettungsdienst gegen den Verfall des Mitgefühls) beschrieben. Ergänzend werden die Ziele moderner Erlebnispädagogik beleuchtet und die Entwicklung der Persönlichkeit, der sozialen Kompetenzen und eines ökologischen Bewusstseins als angestrebtes Ergebnis hinzugefügt. Durch den Einsatz erlebnispädagogischer Elemente und Methoden können viele gesellschaftliche Entwicklungen ein Gegengewicht erfahren: der zunehmenden Umweltverschmutzung wird eine Sensibilität für Natur und Abhängigkeit des Menschen von der Natur gegenübergestellt, die Reizüberflutung durch neue Medien wird gemildert durch Angebote, selbst Geschichten zu erleben und zu schreiben oder die durch moderne Wohnsituationen eingeschränkten Bewegungs- und Erfahrungsräume von Kindern erfahren eine wertvolle Erweiterung. Dies sind nur einige der Beispiele aus diesem Kapitel. Erlebnispädagogik kann dabei sowohl therapeutisch als auch präventiv eingesetzt werden. Wichtig ist ein gelingender Transfer aus der pädagogischen Situation in den Alltag. Dieses Kapitel beschreibt abschließend Bedingungen für einen nachhaltigen Einfluss des pädagogischen Erlebnisses auf den Alltag.
Was sind Interaktionsspiele
Interaktionsspiele zielen schwerpunktmäßig auf die interpersonelle Ebene und damit die sozialen Kompetenzen und soft-skills ab. Dabei spielen Kommunikation und Gruppendynamik eine wesentliche Rolle. Das Kapitel beschreibt vier Funktionsbereiche des sozialen Lernens (soziale Elementarerziehung, gruppendynamischer/interaktionistischer Bereich/Bereich der Interaktionspädagogik, sozialpädagogischer/kompensatorischer Bereich und emanzipativ-politischer Bereich), die ineinander übergehen und aufeinander aufbauen. Die Befriedung sozialer Grundbedürfnisse (soziale Elementarerziehung) ist Voraussetzung für, aber auch Folge von einem Verhalten, das unerwünschte Interaktionen erkennt und auflösen kann. Zugleich ermöglicht eine selbstwirksame und zugleich soziale Handlungskompetenz die Teilhabe an der Gesellschaft; die Teilhabe ist gleichzeitig aber auch ein Teil der Basis für den Erwerb dieser Kompetenz. Interaktionsspiele können als eine Art Brennglas die alltäglichen Strukturen so reduzieren, dass die zu behandelnden Punkte deutlich hervortreten. Wichtiges Element von Interaktionsspielen ist die Reflexion und Nachbesprechung. Das Kapitel unterscheidet drei Stufen von Interaktionsspielen mit sich steigernder Komplexität: Die erste Stufe zur sozialen Elementarerziehung stellt die Persönlichkeit des Einzelnen in den Mittelpunkt, die zweite Stufe zur gruppendynamisch-interaktionistischen Kompetenzentwicklung befasst sich mit interaktivem Verhalten und Verhalten in der Gruppe und die dritte Stufe zur Förderung des emanzipativ-politischen Funktionsbereichs stellt die Umsetzung der individuellen Handlungskompetenzen im kollektiven Zusammenhang der Gruppe in den Mittelpunkt.
Die Verknüpfung von Interaktionspädagogik
In diesem Kapitel wird gezeigt, wie erlebnispädagogische Maßnahmen den Anreiz zur Beteiligung an Interaktionsspielen erhöhen können. Die Erlebnispädagogik bietet eine realitätsnahen, zugleich aber immer noch geschützten Erfahrungsraum, die Interaktionspädagogik unterstützt die Übertragung der Erfahrungen auf den Alltag und verbessert die Selbsteinschätzungsfähigkeit der einzelnen Teilnehmer, es kann die Kooperation in der Gruppe gefördert werden.
Resümee, Kritik, Schlussgedanken
Dieses Kapitel geht nochmals auf die im Kapitel 1.3 dargestellten drei Stufen der Komplexität und deren Verbindung von Elementen der Erlebnispädagogik und der Interaktionspädagogik ein. Es diskutiert mögliche Chancen für den Einzelnen und stellt die Frage nach den (gesellschaftlichen) Grenzen aber auch Möglichkeiten
Die Qualifikation eines Erlebnispädagogen
Der Begriff oder Titel Erlebnispädagoge umfasst keinen fest katalogisierten Lehrplan wie es z.B. im Bereich des staatl. geprüften Erziehers der Fall ist. Hier werden daher drei Bereiche beschrieben, in denen der Erlebnispädagoge besondere Fähigkeiten mitbringen sollte: bestimmte Persönlichkeitsmerkmale, pädagogische/psychologische Kompetenz und sportliche Kompetenzen.
Teil 2 Interaktionsspiele: erlebt, beschrieben und bewertet
Schritte beim Einsatz von Interaktionsspielen in der pädagogischen Arbeit
Dieses Kapitel beschreibt in 7 Schritten die für den Erlebnispädagogen nötigen Aktionen, von den Vorüberlegungen (Rahmenbedingungen) und Fragestellungen sowie der Gruppenzusammensetzung über die Material- und Spielvorbereitung über die Einführung und Durchführung bis hin zur Reflexion und Auswertung. Ergänzt wird dies durch vier Basisstrategien, die beachtet werden sollten und die Ablauf und Durchführung unterstützen.
Übersicht der Spiele
Das letzte Kapitel wird ganz praktisch. Es werden zahlreiche Spiele – nach Schwierigkeitsgrad entsprechend der Komplexitätsstufen und Materialaufwand steigernd geordnet – vorgestellt. Schließlich endet dieses Kapitel mit Nachbesprechungshilfen, sodass eine vollständige Handlungsanleitung von der Vorbereitung über die Durchführung bis hin zur Auswertung an die Hand gegeben wird.
Diskussion
Das Buch „Praktische Erlebnispädagogik 1. Bewährte Sammlung motivierender Interaktionsspiele“ bietet in Teil I eine fundierte und sehr informative theoretische Einführung, die in Kürze alle wesentlichen Punkte anspricht, die es über Erlebnispädagogik und Interaktionsspiele zu wissen gilt. Positiv ist vor allem auch die Beschreibung eines Profils „Erlebnispädagoge“. Allerdings liegt in der relativen Kürze des Theorieteils ein Stolperstein: Die starke Komprimierung von Fachwissen führt notwendigerweise dazu, dass sehr viel Inhalt in wenig Umfang gepackt wird, was zu Lasten der Lesbarkeit und Verständlichkeit geht. Viele Fachbegriffe in komplexen Satzbau gepackt zwingen selbst pädagogisch theoretisch sehr versierte Leser dazu, jeden Satz mehrmals zu lesen, bis das Gefühl entsteht, jetzt wirklich verstanden zu haben, was gemeint ist. Hier wäre es manchmal wünschenswert gewesen, dass beim Schreiben weniger auf Kürze als auf leichte Verständlichkeit Wert gelegt worden wäre.
In Teil II ist dies sehr gut gelungen: Es wird der Theorie die Praxis an die Seite gestellt. Nach einer kurzen, sehr hilfreichen Aufstellung, was bei der Umsetzung in die Praxis beachtet und abgearbeitet werden muss, werden klassische wie auch neue Interaktionsspiele nach Schwierigkeitsgrad und Aufwand geordnet vorgestellt. Sehr schön ist, dass jedem Spiel ein Ziel vorangestellt ist, das es auch Erlebnispädagogen mit noch wenig praktischer Erfahrung ermöglicht, Spiel und Fragestellung der Gruppe in Zusammenhang zu bringen. Der immer gleiche Aufbau der Spielbeschreibungen nach Ziel, Teilnehmer, Alter, Material, Beschreibung, Variationen und Erfahrungen ist sehr übersichtlich. Unter der Rubrik Erfahrungen bekommt der Erlebnispädagoge wichtige Hinweise, wie das Spiel zu bewältigen ist und auf welche möglichen Gefahrenquellen geachtet werden muss. Auf Grund des Aufbaus des Buches ist es möglich, sowohl den ersten als auch den zweiten Teil als „eigenständige“ Bücher zu betrachten und zu lesen. Auch ist es möglich, an der Stelle des Buches zu beginnen, die der aktuellen, eigenen Fragestellung entspricht.
Fazit
Das Buch bietet gut zusammengefasst alle wesentlichen Informationen, die zu Theorie und Praxis von Erlebnispädagogik und erlebnispädagogischen Interaktionsspielen wichtig sind. Es ist damit als Grundausstattung für die pädagogische Bibliothek ebenso geeignet wie für den Einsatz als Planungshilfe für konkrete Angebote oder als Einführungsliteratur zum Erwerb eines ersten Überblicks zu diesem Thema. Für Erlebnispädagogen mit viel Erfahrung ist das Buch gut geeignet, um einen griffigen Begleiter zur Hand zu haben, der den Alltag begleitet. Es können gezielt die Seiten aufgeschlagen werden, die zur Durchführung eines Angebots geeignet sind und benötigt werden. Für relativ neue Übungsleiter und noch unerfahrene Erlebnispädagogen empfiehlt es sich, das Buch vollständig durchzulesen (auch die einzelnen Spiele) und erst dann loszulegen, um ein Gefühl dafür zu bekommen, was wann wofür geeignet ist.