Klappentext
Didaktik ist der Kern der Bildungsarbeit in Theorie und Praxis. Didaktik ist jedoch nicht nur Lehre, sondern Ansprache von Zielgruppen sowie Gestaltung von Bildungsprogrammen und Lernkulturen. Zur Didaktik gehören deshalb auch die Ermittlung des Bildungsbedarfs und der Bildungsbedürfnisse, die Qualitätssicherung und eine ökologische Bilanzierung.
Das hier dargestellte didaktische Konzept orientiert sich an der Erkenntnistheorie des Konstruktivismus. Diese neurobiologisch fundierte Theorie betont, dass Lernen ein selbstgesteuerter, biographisch beeinflusster Prozess ist. Lernen wird also nicht lediglich als eine Reaktion auf Lehre verstanden. Überspitzt formuliert: Erwachsene sind lernfähig, aber unbelehrbar; sie lernen nur das, was für sie relevant und “viabel” ist; sie hören nur zu, wenn sie zuhören wollen.
Konstruktivistisch gesehen ist Didaktik vor allem die Planung von Lernmöglichkeiten, die die Selbstverantwortung der Lernenden respektiert. Hierzu liefert das Buch zentrales Didaktik-Wissen und gibt wertvolle Orientierungshilfen zum didaktischen Handeln.
Die 7. Auflage wurde überarbeitet und um Kapitel über Lernen im Alter und nonverbale Kommunikation ergänzt
Rezension
Mag.(FH) DSA MSc Doris Lepschy für socialnet.de
Autor Horst Siebert ist seit 1970 als Professor für Erwachsenenbildung und außerschulische Jugendarbeit an der Universität Hannover sowie als Honorarprofessor an der Universität Jasi, Rumänien, tätig und Autor zahlreiche Fachpublikationen.
Aufbau und Inhalt
„Didaktik = die Kunst, alle alles ganz zu lehren“ (S. 1), so der Titel des ersten Kapitels von Horst Sieberts Werk „Didaktik in der Erwachsenenbildung“. In einer ersten Annäherung wird festgestellt, dass Didaktik in der Erwachsenenbildung vor allem Vorbereitungsphasen von Bildungsveranstaltungen betrifft; deren Durchführung basiert hingegen weitgehend auf einer methodischen Auswahl der SeminarleiterInnen. Ausgehend von unterschiedlichen Ebenen didaktischen Handelns wie gesellschaftliche Rahmenbedingungen, Lehrpläne und Schulkonzepte, Fachdidaktiken, Veranstaltungsplanung und der Gestaltung einer Unterrichtseinheit wird der Weg von der institutionellen zur spezifischen Didaktik in der Praxis erläutert.
Konstruktivistische Didaktik berücksichtigt die Planung selbst gesteuerter Lernmöglichkeiten ohne auf prinzipielle Überlegungen zu verzichten; im Sinne einer Ermöglichungsdidaktik gilt es adäquate Lernkulturen zu erschließen, die unter anderem das gesellschaftliche Lernklima, regionale Bildungslandschaften, neue Einrichtungen, Zielgruppen, Generationenverhältnisse, Lern- und Organisationsformen, Medien und Lernstile integrieren. Lernstile und Lernmilieus sind ebenso zu beachten wie Geschlechterdifferenzen des Lehrens und Lernens. In diesem Sinne ist eine ausgeprägte Didaktik von Bildungsinstitutionen von besonderer Wichtigkeit.
Die Programmplanung von Bildungsinstitutionen bewegt sich im Spannungsfeld zwischen dem Bildungsbedarf Erwachsener und jenem der Gesellschaft. Bei der Programmgestaltung respektive der Auswahl von Themen stellt sich vor allem die Frage, ob entsprechende Inhalte „didaktisierbar“, d.h. „lernend bearbeitet werden können“ (S. 65).
Allgemeine und berufliche Bildungsveranstaltungen unterscheiden sich nicht nur bezüglich der Zielsetzung (beispielsweise ein Zertifikat, Zeugnis, oder ähnliches), sondern auch in der Motivation der TeilnehmerInnen. Während viele berufliche Weiterbildungen quasi verordnet sind, werden allgemein bildende Veranstaltungen aus gänzlich anderen Motiven (beispielsweise ein besonderes persönliches Interesse; um andere Menschen kennen zu lernen, und so weiter) ausgewählt. So ist für Horst Siebert Motivation die Haupttriebfeder für das Lernen Erwachsener: „Gelernt wird letztendlich nur das, was als sinnvoll, subjektiv bedeutsam und/oder praxisrelevant wahrgenommen wird“ (S. 59). Zentral ist also der Begriff der Viabilität, der Brauch- und Anwendbarkeit der Ergebnisse.
In Kapitel 4 über didaktische Theorien beschreibt Siebert neben bildungstheoretischer, curriculumtheoretischer und identitätstheoretischer Didaktik auch eine Ermöglichkeitsdidaktik, deren Merkmale Situiertheit (realistische Problemstellungen und Verwendungssituationen), Anschlussfähigkeit an Vorwissen, selbst gesteuertes Lernen, Biografieorientierung, Kontextabhängigkeit, Emotionalität, Prozessorientierung und Lernberatung sind (Vgl. S. 89).
Didaktische Prinzipien wie unter anderem Zielgruppenorientierung, Sprache, Lernzielorientierung, Handlungsrelevanz und Humor werden in Kapitel 5 im theoretischen Kontext erläutert und im praktischen untermauert. Modellen der Didaktik (Vgl. Kapitel 6), so beispielsweise Qualitätszirkel, Zukunftswerkstatt, Mobile Bildungsarbeit oder Bildungsarbeit, werden ebenso erläutert wie didaktische Handlungsfelder. Der Praxisbezug steht hier ebenso im Vordergrund; jedem einzelnen Bereich (so etwa Motivierung, Planungscheckliste, Lernorte und Lernräume, Schlüsselqualifikationen oder Konfliktmanagement) sind Fragen nachgestellt, die TrainerInnen in der Erwachsenenbildung als Anregung und zur Selbstreflexion für die eigene Unterrichtstätigkeit heran ziehen können.
Perspektiven didaktischer Forschung, ein ausführliches Literaturverzeichnis und ein Glossar beschließen das Werk.
Fazit
Das Werk bietet einen breiten Überblick über das Feld der Didaktik in der Erwachsenenbildung mit permanentem Praxisbezug. In diesem Sinne ist die Lektüre der Publikation sowohl für StudentInnen als auch PraktikerInnen des Fachbereiches äußerst aufschlussreich.
Oliver Neumann für lehrerbibliothek.de
Dieses Buch liegt inzwischen in 6. überarbeiteter Auflage vor. Das beschriebene didaktische Konzept orientiert sich an der Erkenntnistheorie des Konstruktivismus. Diese neurobiologisch fundierte Theorie betont, dass Lernen ein selbstgesteuerter, biografisch beeinflusster Prozess ist. Lernen wird also nicht lediglich als eine Reaktion auf Lehre verstanden. Überspitzt formuliert: Erwachsene sind lernfähig, aber unbelehrbar; sie lernen nur das, was für sie relevant und “viabel” ist; sie hören nur zu, wenn sie zuhören wollen. Konstruktivistisch gesehen ist Didaktik vor allem Planung von Lernmöglichkeiten, die die Selbstverantwortung der Lernenden respektiert. – In diesem Buch wird eine praxisbezogene Bilanz aus didaktischen Forschungen und Erfahrungen von der Curriculumtheorie bis zur Postmoderne gezogen. Zwar wird auf Patentrezepte verzichtet, aber es werden Orientierungshilfen z.B. zur Zielgruppen- und Teilnehmerorientierung, zur Lernzielformulierung und didaktischen Reduktion, zu Ankündigungstexten und Schlüsselqualifikationen vorgeschlagen. Außerdem werden bildungspraktische Modelle, z.B. Sokratische Gespräch, Zukunftswerkstätten, Bildungsurlaub vorgestellt.
Über den Autor
Horst Siebert ist seit 1970 Professor für Erwachsenenbildung und außerschulische Jugendbildung an der Universität in Hannover sowie seit 2002 Gastprofessor an den Universitäten in Sofia und Jasi (Rumänien).