Rezension
Dr. Thomas Eberle für www.socialnet.de
Aufbau und Inhalt
Der im typischen ansprechenden Layout des Ziel-Verlags gestaltete Herausgeberband umfasst Einzelbeiträge von Personen, die dem planoalto-Institut verbunden sind oder dort ihre Ausbildung absolvierten. Drei Kapitel
„Weiche Wirklichkeiten“,
„Pädagogischer Prozess“ und
„Harte Wirklichkeiten“
gliedern das Werk, das somit der gängigen Unterscheidung in hard skills und soft skills als Gliederungskriterium folgt.
Unter den „weichen Wirklichkeiten“ finden sich unter anderem Beiträge über Phänomene, die systemische Haltung im Hinblick auf Menschenführung, Hinweise zu Prozessorientierung und Menschenbild sowie über Wahrnehmung, Handlungs- und Lösungsorientierung.
Im Kapitel „Pädagogischer Prozess“ werden Naturerfahrung, Kreativtechniken, szenische und rituelle Gestaltung, Inovationsformen sowie Leitung, Ziel & Auftrag thematisiert.
„Harte Wirklichkeiten“ umfasst Outdoor-Skills, Raumgestaltung, Sicherheit, Marketing und Präsentation sowie Projekt-, Qualitätsmangagement und Logistik.
Überwiegend werden Erfahrungen mit erlebnispädagogischen Prozessen und Coaching thematisiert – in der Bandbreite von der Reflexion einer von der Trainingsgruppe außergewöhnlich interpretierten Teamübung bis hin zur Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Wahrnehmungsebenen in literarischer Form. Einige Artikel thematisieren Strategien erfolgreicher Unternehmenstätigkeit im erlebnispädagogischen Feld, z.B. Marketing (Schwindt) und Projektmanagement (Hufenus).
Diskussion
Legt man wissenschaftliche Standards hinsichtlich einer Theoriebildung, des systematischen Einbezugs einschlägiger Literatur, empirischer Befunde und des Forschungsstandes zugrunde, so wird die überwiegende Mehrheit der Beiträge diesen Anforderungen nicht annähernd gerecht. Häufig wird am Ende von Beiträgen auf Literatur zum Thema verwiesen; es erfolgt aber keine konkrete argumentative Auseinandersetzung mit einschlägigen Werken oder die Formulierung einer eigenen Position auf der Basis bisheriger Theorie oder Empirie (eine der wenigen Ausnahmen bildet der Beitrag von Jürg Meier, der eine Balance zwischen subjektivem Zugang zur Risikothematik und Einbezug einschlägiger Publikationen über Unsicherheit und Risiko findet). Eine analytische und kritische Betrachtung der Grundlagen systemischen Arbeitens im erlebnispädagogischen Feld hätte das Werk bereichert.
Wissenschaftliche Auseinandersetzung ist jedoch offensichtlich nicht der Anspruch des Buches. Wer sich auf die Selbstreflexion der Autoren, auch in der Form sozialer Co-Konstruktion im Briefwechsel (Bühler/Thomas/Wabersich) einlässt, sich in deren Auseinandersetzung mit philosophischen Grundthemen wieder findet oder die vielen Formen subjektiver Interpretation einer bei Planoalto vermittelten kreativ-rituellen Prozessgestaltung auf sich wirken lässt und damit seine eigene Arbeit reflektiert, kann wertvolle Ideen und Anregungen finden. Beispielsweise wird die teilweise autodidaktisch erarbeitete „Systemische Haltung“ in der Begleitung von Unternehmensprozessen (Tondeur) transparent, werden szenische Formen der Arbeit mit Jugendlichen (Beträge von Scheikl und Grothe) oder Handelndes Lernen im Unternehmenskontext (Heller) praxisnah und reflektiert berichtet.
Welche der in dieser Hinsicht lesenswerten Beiträge besonders ansprechen, wird von der beruflichen und privaten Lebenssituation der Rezipienten abhängen, nicht allein von der Qualität der Beiträge, die aus Sicht des Rezensenten etwas unterschiedlich ausgefallen ist.
Fazit
Obwohl viele Beiträge durch einen adäquateren Einbezug von Theorie und empirischen Befunden gewonnen hätten, ist das Werk lesenswert und bietet wertvolle Anregungen.
Rezensent
Dr. Thomas Eberle
Homepage www.thomaseberle.de
Jens Walter für lehrerbibliothek.de
Der Augsburger ZIEL-Verlag ist ein Fachverlag für die in den letzten Jahren systematisch ausgebaute Erlebnispädagogik. Sie bietet viele Chancen auch im schulischen Kontext: insbesondere soziales Lernen kann durch erlebnispädagiogische Erfahrungen gefördert werden, oder auch ökologisches Bewußtsein erfährt hier eine sehr konkrete Anregung, oder psychisch besonders beeinträchtigte Schülerinnen und Schüler werden durch erlebnispädagogische Anregungen besonders gefördert. – Vor zehn Jahren entwickelten Astrid Habiba Kreszmeier und Hanspeter Hufenus die Kreativ-rituelle Prozessgestaltung (Krpg), ein Konzept zur Begleitung von Personen und Gruppen, welches auf der Verbindung erlebnispädagogischer Methoden mit einer systemischen Haltung beruht. In der Verknüpfung von Naturerfahrung, Kreativtechniken, Szenischer Arbeit und ritueller Gestaltung wird ein Lernprozess gestaltet, der den Einzelnen darin unterstützt, sich wahrzunehmen, Verhaltensweisen und gegebenenfalls Muster zu erkennen sowie Lösungen zu entwickeln, um mit einem Bewusstsein der individuellen Ressourcen und im lebendigen Austausch mit der Umwelt den guten Platz in der Gruppe, im Team oder in der Familie einnehmen zu können.